Kauen Sie an Ihren Haaren herum?

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Mein Webmaster berichtet mir jährlich, welche Stichworte auf meine Website geführt haben. Letztes Jahr fiel mir der Suchbegriff "Haare kauen" ins Auge. Warum sollte jemand mit dieser Frage ausgerechnet zu einer Logopädin gelangen? Hat sich die Verlinkung dermassen getäuscht? Hat die Person mich sofort weggeklickt, den Kopf geschüttelt und dabei wehte ihr wohl das lange Haar ins Gesicht?

Genau das könnte aber der Punkt sein: eine Haarsträhne landet genau zwischen den Lippen. Aus Gewohnheit schnappt sich der Mund diese Strähne und beginnt darauf herumzukauen. In dieser Zeit wird dem Hirn gemeldet, dass die Lippen sich zwar berühren, sich jedoch etwas dazwischen befindet. Ebenfalls in diesem Zeitfenster bewegen sich der Unterkiefer und die Zunge. Auch diese Dateien werden dem Oberstübchen gemeldet. Dort gräbt sich die Datei ein, dass

a) etwas Fremdes im Mund ist,
b) dieser bewegt wird und
c) die Zunge mitspielt.

Der geneigte Lesende ahnt, wohin dies führt: ein unruhiger Gesichts- und Mundbereich erzeugt eine myofunktionelle Störung, kurz MFS. Wem der Kieferorthopäde sagt, dass er eine solche Problematik hat, sollte wissen, dass er auf verschiedenen Ebenen etwas tun muss. Eine Korrektur mit einer Spange allein bringt oft kein nachhaltiges Resultat.

Die Spange bringt die Kiefer- und Zahnstellung in gewünschte Bahnen. Werden die Gewohnheiten rund um den Mund aber nicht in die Behandlung miteinbezogen, besteht die Gefahr, dass diese Habits weiter gepflegt werden.

Sie bewirken folgendes:

  • die Lippen sind getrennt oder gar offen
  • die Zahnreihen berühren sich nicht
  • die Zunge ist in Bewegung
  • das vordere Drittel der Zunge ist nicht in der Position am oberen Gaumen, dem sog. Zungen-Ruhelage-Punkt
  • es besteht eine Myofunktionelle Störung MFS und damit meistens auch ein falsches Schluckmuster
  • diese MFS kann eine kieferorthopädische Korrektur zunichtemachen

Personen jeden Alters pflegen Habits:

  • Kinder: Nuggi/ Schoppenflasche/ Daumen/ an Plüschtieren, Nuscheli, Bändel, Ärmeln usw. saugen
  • Jugendliche und Erwachsene: Haare, Nägel, Fingerhäutchen, Bleistift kauen/ häufig Kaugummi kauen/ mit Wasserflasche „spielen“ statt nur zu trinken
  • Senioren: Unruhe im Mund durch 3. Zähne, Brücken, Implantate

Diese Gewohnheiten rund um den Mund wirken so effektiv wie schädlich, weil sie regelmässig und unbewusst sind. Es wirken Kräfte im Mund, die Zähne und Kiefer verschieben. Kieferorthopäden, Logopäden und Myofunktionelle Therapeuten helfen professionell beim Aufdecken und beim Abbau von Habits.

Übrigens: Bisher hat sich niemand für eine Myofunktionelle Therapie MFT mit „Habitabbau Haare kauen“ angemeldet. Kann sein, dass die oben erwähnte, recherchierende Person kein Problem mit ihrer Zahnstellung hat.

Sibylle Wyss-Oeri

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