Schon jetzt an das nächste Schuljahr denken!/?

Grad erst haben die Erstklässler begonnen erste Worte zu lesen und zu schreiben, da ist man als schulische Logopädin bereits wieder dabei, den Augenmerk auf den Beginn des kommenden Schuljahrs zu werfen. Welches meiner Logokinder könnte von besonderer therapeutischer Aufmerksamkeit bezüglich des lesen-und-schreiben Lernens profitieren? Mit dem Würzburger Vorschultest (2016) kann man eine entsprechende Klärung bereits jetzt einleiten.

Zu zwei Testzeitpunkten (10-11 Monate und 4-5 Monate vor der Einschulung) werden Vorläuferfertigkeiten in drei relevanten Bereichen überprüft: Schrift, Sprache und Mathematik.

Schriftsprachliche (Vorläufer-)Fertigkeiten

  • Phonologische Bewusstheit: Anlauterkennung, Phonemsynthese, Phonemanalyse, Silbe-zu Wort, Reimaufgabe; Phonologisches Arbeitsgedächtnis: Zahlenspanne vorwärts und rückwärts; Benennungsgeschwindigkeit: Schnelles Benennen von geläufigen und weniger geläufigen Bildern; Buchstabenkenntnis: rezeptiv und produktiv.

Sprachliche Kompetenzen

  • Wortschatz: rezeptiv und produktiv; Satzverständnis; Satzproduktion; Grammatikalische Kompetenzen: Verformen, Pluralbildung, Sätze nachsprechen.

Mathematische (Vorläufer-)Fertigkeiten

  • Numerische Basisfertigkeiten: Zahlenfolge vor- und rückwärts, Vorgänger/Nachfolger; Mengenwissen: Mengenvergleiche, Mengeninvarianz; Seriation; Schnelles Benennen von Würfelbildern; Zahlenkenntnis; Rechenoperationen: Addition und Subtraktion, Sachaufgaben

Da die Aufgaben sehr abwechslungsreich und bildlich ansprechend gestaltet sind und sowohl produktive, rezeptive, Entscheidungs-, Manipulations- und Zeitaufgaben beinhalten, wird das Interesse des Kindes in diesem Einzeltest auch für die Dauer einer Stunde aufrecht erhalten. Sollte dies allerdings nicht möglich sein, lassen sich die Aufgaben zu jedem der drei Module auch separat durchführen und auswerten. Die Angaben von ungefähr 20 Minuten pro Kompetenzbereich decken sich mit meinen eigenen Erfahrungen.

Die Auswahl der Aufgaben beruht auf wissenschaftliche Erkenntnisse, dass frühe Fertigkeiten Hinweise auf spätere liefern. So weist das Arbeitsgedächtnis auf die phonologische Bewusstheit in der ersten Klasse hin und die linguistischen Kompetenzen auf das Leseverständnis in der vierten Klasse. Der Grad der phonologische Bewusstheit ist wiederum prädikativ für das Rechtschreiben in der ersten Klasse, während die Benennungsgeschwindigkeit die Lesegeschwindigkeit im ersten Schuljahr voraussagt. Inbesondere das Nachsprechen von Sätzen wurde als Indikator für Rechtschreibung, Lesegeschwindigkeit und Leseverständnis zum Ende des zweiten Schuljahres hin erkannt. Weitergehende Erklärungen und Nachweise sind im Testmanual des WVT nachzulesen.

Die Kompetenzbereiche und Untertests im WVT wurden so gewählt, dass nicht nur Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten sondern auch solche mit Entwicklungsvorsprüngen identifiziert werden können. In logopädischen Praxen und Ambulatorien ist der WVT sicherlich eine gute Erweiterung der einzusetzenden Testbatterie.

Marina Russ

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